Logische und metaphysische Grundlagen des Wissens

Die Werke von Aristoteles (384 v.Chr.-322 v.Chr.), Gottfried Wilhelm Leibniz (1646-1716) und Gottlob Frege (1848-1925) sind die drei wichtigsten Meilensteine, die die logische Forschung bis heute zurückgelegt hat. Die von Frege 1879 als Begriffsschrift entwickelte mathematische Logik ist die Grundlage der modernen mathematischen Formelsprache und aller modernen Programmiersprachen. Für ersteren Einsatz hat Frege sie entwickelt. Sein Ziel war die Begründung der These, dass die Arithmetik frei von jeder Anschauung rein analytisch zu betreiben ist, weil sie es mit logischen Gegenständen zu tun hat. Deswegen nennt er seine Begriffsschrift auch "eine der arithmetischen nachgebildete Formelsprache des reinen Denkens". Diese Sprache ist maßgeschneidert für die Darstellung unveränderlicher Gegenstände, die nicht in der Erfahrungswelt vorkommen, eben Zahlen. Doch die Naturwissenschaft hat es mit alternden veränderlichen Entitäten zu tun. Die Zelle eines Lebewesens bleibt dieselbe Zelle, auch wenn sie sich verändert, indem sie z.B. Stoffwechsel betreibt. Einer Zahl könnte das nicht passieren. Die Anwendung der Fregeschen Logik auf Entitäten wie Zellen, Pflanzen und Tieren aber auch Steinen und Planeten macht darum immer wieder Schwierigkeiten. Wenn wir über die Gegenstände der Erfahrungswelt nachdenken, denken wir tempomodal. D.h. wir denken über sie als Gegenstände, die sich verändern und auf verschiedene Weise weiterentwickeln können und dabei ihre Identität aufrecht erhalten. Dieses Denken ist nicht etwa unwissenschaftlich, so wird in der Biologie und anderen Naturwissenschaften gedacht, wenn dort Veränderungen der Natur beschrieben werden.

Die Forschungen und Diskussionen am ZLWWG zur Logik haben sich in der Vergangenheit auf den Schwerpunkt gerichtet, eine exakten Theorie des tempomodalen Denkens auszuarbeiten. Als besonders fruchtbar hat sich dabei die Analyse von zeitlichen Strukturen und die Beschreibung natürlicher Prozesse als Ereignisse und Vorkommnisse herausgestellt. Ebenso wichtig und ergiebig war die Beschäftigung mit einer Identitätstheorie, die über diejenige von Leibniz hinausgeht. Sie beschreibt, wie sich etwas verändern und zugleich seine Identität behalten kann.

Die Diskussion über Metaphysik steht in der Moderne völlig unter dem Eindruck von zwei Kritiken: Der denkanalytischen durch Immanuel Kant (1724-1804) und der sprachanalytischen, die durch Frege angestoßen und durch Ludwig Wittgenstein (1889-1951), den Wiener Kreis und dessen Nachfolger weiterentwickelt wurde. Besonders streng aufgefasst scheinen beide Kritiken den Bestand der Metaphysik als philosophische Disziplin zu bedrohen.

Gibt es jedoch Grundlagen der Naturwissenschaften, die mit den ihren eigenen Methoden nicht gelegt werden können? Oder exakter gefragt: Muss, wer Naturwissenschaft treiben will, Annahmen akzeptieren, deren Begründung sich dem Methodenrepertoire der eigenen Disziplin entziehen? Wenn diese Fragen bejaht werden, dann ist Metaphysik die Beschäftigung mit Fragen, die zwar wissenschaftlich sind, aber mit den Methoden der Naturwissenschaft nicht beantwortet werden können (tà metà tà physiká). Vor diesem Hintergrund wird das Verhältnis zwischen Wissenschaft und metaphysischem Weltverständnis am ZLWWG untersucht.

Hinsichtlich der Beziehung zwischen Metaphysik und Logik gibt zwei Gründe, die Metaphysik zusammen mit logischen Studien zu betreiben. Der erste ist ihre Anfälligkeit für sprachliche Ungenauigkeiten. Es ist z.B. alles andere als klar, was ungewöhnliche Substantivierungen wie "das Jetzt", "das Ich", "das Nichts", Verbalisierungen wie "nichten" oder Komapartive wie "seiender" überhaupt bedeuten und ob sie etwas bedeuten. Deswegen muss eine wissenschaftlich ausgerichtete Metaphysik ihre eigene Sprache reflektieren. Logik ist ein gutes Instrument dafür. Zweitens haben es die Naturwissenschaften wie oben erläutert mit veränderlichen Gegenständen zu tun. Was sich verändert hat aber eine besondere zeitliche Struktur. Die zeitliche Struktur von Lebewesen kann nicht mit biologischen Methoden untersucht werden und fällt damit unter das, was oben als Metaphysik beschrieben wurde. Diese metaphysischen Überlegungen müssen auch beim Aufbau einer exakten Sprache des tempomodalen Denkens berücksichtigt werden, womit Metaphysik und Logik hier eng miteinander verzahnt werden.