Erlösung durch non-duale Erkenntnis: Shankaras Advaita-Vedanta

VeranstalterProf. Dr. Annette Wilke (Seminar für Allgemeine Religionswissenschaft, Universität Münster) und Raja Rosenhagen, M. A. (ZLWWG, Universität Rostock)

Das Denken des indischen Philosophen und Wanderasketen Shankara ist für den heutigen religiösen und philosophischen Diskurs Indiens zentral. Seit der Neuzeit gilt er als wohl größter Philosoph Indiens überhaupt. Gemäß traditioneller Auffassung war er eine Inkarnation Shivas, zahllose Legenden ranken sich um seine Person. Seine religiösen und metaphysischen Überlegungen, die er bloß als Mittel zum Zwecke der Erlangung letzter Erlösung (Moksha) vom Kreislauf der Wiedergeburten (Samsāra) anstellt und denen eine ungewöhnliche Klarheit in der Argumentation zugeschrieben wird, lassen sich als ständiges Kreisen um die Explikation seines aus den Upanishaden extrahierten zentralen Gedankens auffassen. Dieser lautet: Tattvamasi („Dies bist Du“), oder anders formuliert: Das innerste Selbst (Pratyag-Atman) und das Absolute (Brahman) sind letztlich miteinander identisch. Wer diese radikal monistische, d. h. explizit nicht-dualistische (a-dvaita) Lehre wirklich versteht, so Shankara, hat allein dadurch Erlösung erlangt. Es ist also ihm zufolge nicht erforderlich, aufwendige religiöse Observanzen zu beachten oder sich intensiv mit der Natur des Dharma auseinanderzusetzen – eine These, durch die Shankara sich deutlich von Vertretern konkurrierender philosophischer Schulen absetzt, etwa Vertretern der Mīmāmsā oder des Yoga-Sāmkhya.

Im Seminar wollen wir in einigen einführenden Sitzungen Shankaras Denken sowohl in den allgemeinen Kontext indischer Philosophie einordnen als auch seine Bedeutung in der aktuellen religiösen Landschaft Indiens herausstellen. Danach werden wir uns mit ausgewählten Teilen seiner Schriften intensiv beschäftigen. Es gilt also, herauszufinden, was Shankara selbst wirklich behauptet hat und welche Schwierigkeiten der Interpretation sich damit verbinden.