Sommersemester 2009

Dr. Karin Hartbecke (Universität Bielefeld)

Von Äpfeln, Birnen und anderen Missverständnissen. Open-Access-Szenarien in den Geisteswissenschaften

9. Juli 2009, 19.30 Uhr

Open Access, der kostenfreie Zugang zu wissenschaftlicher Information, ist in allen Bereichen des Wissenschaftsbetriebs im Gespräch. Seit Anfang des Jahres 2009 reißt die Präsenz des Themas in den deutschen Medien nicht ab. Doch auch international ist Open Access ein Dauerbrenner. Worum geht es bei Open Access, und warum teilt er die Wissenschaftsgemeinschaft oft in Befürworter und Gegner? Welche Szenarien verbinden sich in den Geisteswissenschaften mit Open Access? Der Vortrag gab Gelegenheit, in klärender Absicht diesen und anderen Fragen nachzugehen.

 

Prof. Dr. Lars Schwabe (Universität Rostock)

Eine neurowissenschaftliche Theorie des Selbst. Konzeptuelle und erkenntnistheoretische Herausforderungen

18. Juni 2009, 19.30 Uhr

Der Vortrag war in drei Teile gegliedert. Im ersten Teil wurden experimentelle Resultate aus den Neurowissenschaften präsentiert, die eindrucksvoll demonstrieren, dass das körperliche Selbst ein überraschend fragiles Konstrukt ist. Pathologische Konditionen wie gestörte Selbstwahrnehmung oder spontane außerkörperliche Erfahrungen wurden eingeführt als informative Einzelfälle, die Rückschlüsse auf die neuronalen Mechanismen des körperlichen Selbst erlauben. Im zweiten Teil wurden mathematische Modelle und Ansätze aus der Disziplin der „Computational Neuroscience“ präsentiert, die zur Beschreibung und Erklärung von einigen Aspekten des körperlichen Selbst taugen, wie beispielsweise die Interpretation der Helmholz’schen „unbewussten Inferenz“ als Schließen unter Unsicherheit gemäß der Bayes’schen Inferenz. Letztendlich wurden einige konzeptuelle und erkenntnistheoretische Herausforderungen identifiziert. Welche Rolle spielt das körperliche Selbst bei der Wahrnehmung allgemein? Inwiefern lässt sich die Diskussion über begrifflichen und nicht-begrifflichen Inhalt von Wahrnehmung auf die Selbstwahrnehmung übertragen? Welcher Begriff von Möglichkeit ist adäquat für die Anwendung des Bayes’schen Ansatzes? Was kann die Phänomenologie für eine neurowissenschaftliche Theorie des Selbst leisten, etc.

Literatur:
Obermayer, K.; Schwabe, L., "Modeling the adaptive visual system. A survey of principled approaches" (2003).
Blanke, O.; Schwabe, L., "Phenomenology as another toolbox for neuroscientists?" (2008).
Blanke, O. et al., "Out-of-body experience and autoscopy of neurological origin" (2004).

 

Prof. Dr. Clemens Cap (Lehrstuhl für Informations- und Kommunikationsdienste, Universität Rostock)

Erkenntnisprozesse des Web 2.0: Entthronte Elite oder intolerante Masse?

7. Mai 2009, 19.30 Uhr

Das Web 2.0 - und hier im besonderen die Wikipedia - ist durch eine demokratische Kultur der Wissensgewinnung gekennzeichnet. Jeder kann mitschreiben, traditionelle Mechanismen wie persönliche Authorität oder Zensur greifen nicht mehr. Das Web 2.0 wird daher gerne als technologische (Wieder)geburt der Demokratie gefeiert. Massen neigen aber auch zu Intoleranz und Erkentnisprozesse können so undemokratische Elemente wie Methodenkorrektheit oder experimentelle Falsifikation enthalten. Der Vortrag untersuchte das Spannungsfeld, welche das Web 2.0 für Erkentnisprozesse und Wissensgewinn verursacht. Vorteile und Probleme dieser Technologie, die neue gesellschaftliche Kommunikationsformen ermöglicht, wurden aus dem Blickwinkel der Wissenschaftstheorie untersucht.