Sommersemester 2013

Dr. Lars Vogt (Institut für Evolutionsbiologie und Zooökologie, Universität Bonn)

Sehen und Verstehen in der Biologie: Die Rolle von Struktur für das Abgrenzen natürlicher Einheiten und dem Verständnis ihrer Organisation 

18. April 2013, 19:00 Uhr, Parkstraße 6 (R. 206)

Techniken des Wissens- und Datenmanagements kommt aufgrund der exponentiell wachsenden Datenmengen eine zunehmende Bedeutung in den Lebenswissenschaften zu. Dabei nimmt insbesondere die systematische Erfassung der verschiedenen Typen materieller Gegenstände eine zentrale Rolle für die verlässliche Kommunikation und Wiederauffindbarkeit von Daten ein. Die Lebenswissenschaften beschäftigen sich mit materiellen Gegenständen höchster Komplexität. Betrachtet man eine biologische Struktur, so lässt sie sich von verschiedensten Perspektiven aus begreifen und verstehen. Je nachdem, welcher Aspekt uns an ihr gerade interessiert, erfassen und verstehen wir sie unterschiedlich. Was vor dem Hintergrund des einen Aspekts als natürlich abgegrenzte Einheit verstanden wird, gilt vor dem Hintergrund eines anderen Aspekts als willkürlich gefasster Gegenstand. Diese Perspektivenabhängigkeit ist mit den von Informatikern und Ontologen häufig erstellten Modellen und Repräsentationen des materiellen Gegenstandbereichs der Biologie nicht in Einklang zu bringen. In meinem Vortrag werde ich einige Probleme dieser einfachen Modelle diskutieren und Alternativen vorstellen. Dabei werde ich auf die paradigmatische Rolle struktureller Eigenschaften für die Partitionierung und Abgrenzung materieller Gegenstände eingehen, der Unterscheidung ihrer willkürlichen und natürlichen Grenzen und welche Rolle Dispositionen dabei spielen sollten. Ich werde eine Reihe von kategorischen Perspektiven, die in der Biologie eine grundlegende Rolle spielen, vorstellen und ein allgemeines Schema für rein strukturell definierte Organisationsebenen in der Biologie entwickeln, das für die Integration der anderen Perspektiven als organisatorisches Rückgrat dienen kann. Abschließend werde ich Möglichkeiten diskutieren, wie die verschiedenen Perspektiven über eine Theorie der Granularität zu einem integrierten Modell und damit umfassenden Repräsentation organisiert werden können.